Anfrage und Antwort: Versicherungsschutz im politischen Ehrenamt

Fraktion DIE LINKE. im Kreistag Lippe
Anfragen und Anträge im Kreis

Die Förderung und Stützung des Ehrenamtes ist ein wachsendes gesellschaftliches Anliegen. Förderung, Schulung, Entschädigung, Versicherung, das alles wird auf der Positivseite den ehrenamtlich Tätigen angeboten. Wenn jedoch wirklich einmal Probleme auftreten, wird deutlich, dass auch in diesem Bereich mit spitzem Bleistift gerechnet und gezeichnet wird.

Es hat sich gezeigt, dass die Teilnahme von sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern an Fraktionssitzungen nur dann durch die Gemeindeunfallkasse gem. SGB VII, § 2, Abs. 10 versichert ist (siehe Anlage GUK Az 2014.407975-04F07), wenn in der Tagesordnung der Sitzung Themen behandelt werden, die im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit in dem jeweiligen Fachausschuss der skB stehen. Das schränkt den rechtlichen Umfang der Begriffe „Mandat“ und „ehrenamtliche Tätigkeit“ i.S. des SGB VII (10) erheblich ein.
Weiterhin ist zu befürchten, dass sich aus der Auslagerung vieler kommunalpolitischer Aufgaben in „privatwirtschaftliche“ und andere Strukturen und Gremien außerhalb des politischen Mandates, so z. B. in Aufsichtsgremien/Beiräte von GmbHs, Stiftungen, Genossenschaften, Kommunalverbänden und viele andere Rechtskonstruktionen die Situation ergibt, dass zwar alle beruflich/behördlicherseits teilnehmenden Mitglieder über Arbeitgeber/Dienstherrn berufsgenossenschaftlich oder anderweitig unfallversichert sind, jedoch nicht die aufgrund ihres politischen Mandates in diese Gremien gewählten „Ehrenamtlichen“.
Diese Situation ist der Idee des Ehrenamtes insgesamt nicht förderlich. Und da dies auf alle Ebenen des kommunalpolitischen Ehrenamtes zutrifft, obliegt dem Kreis und der Verwaltungsspitze hier in besonderer Weise die Sachaufklärung, sowohl für die Tätigkeit der Kreistagsmitglieder (KTM) und sachkundigen Bürgerinnen und Bürger (skB), als auch richtungsweisend für die Gemeinden des Kreises Lippe.
Die Fraktion DIE LINKE. im Kreistag Lippe bittet daher um die schriftliche und mündliche Beantwortung der folgenden Fragen im Hinblick auf die Absicherung von Kreistagsmitgliedern und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern.

1. Gibt es Unterschiede im Hinblick auf den Versicherungsschutz von Mitgliedern des Kreistags
und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern? Wenn Ja, welche?

2. Ist die Teilnahme von KTM bzw. sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern an Aktivitäten der
Gremien des Kreises Lippe, seiner Einrichtungen, Ausgründungen und Zugehörigkeiten (s.
u. anliegende, nicht abschließende Liste) durch die Gemeindeunfallversicherung und/oder
andere Einrichtungen pauschal abgesichert?

2.1. Wenn Ja: 
2.1.1. In welchem Umfang wird dieses bürgerschaftliche Engagement durch die
Versicherungen, die der Kreis Lippe abgeschlossen hat, gestützt? 
2.1.2. Welche Risiken deckt der hiesige Versicherungsschutz auch im Vergleich zu
anderen Kommunen und Kreisen ab?

2.2. Wenn Nein: 
2.2.1. Gibt es für die ehrenamtliche Tätigkeit in der Kommunalpolitik ggf. noch andere
Versicherungsmöglichkeiten durch die öffentliche Hand, sei es korporativ oder
individuell?  
2.2.2. Für welche Gremien/für welche Aktivitäten sollten stattdessen die Fraktionen
vorsorglich eine Versicherung abschließen?
2.2.3. Gibt es Situationen, für die sich die sachkundigen Bürgerinnen und Bürger selbst
versichern sollten?
 

Alphabetische, nicht abschließende Liste der Ausschüsse/Gremien/Beteiligungen des Kreises Lippe

 

1 Ältestenrat
2 Ausschuss für Bildungsentwicklung, Sport und Betriebsausschuss
3 Ausschuss für Ordnung, Verkehr, Infrastruktur und Betriebsausschuss
4 Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Demographie
5 Ausschuss für Umwelt, Energie und Verbraucherschutz
6 Ausschuss für Wirtschaft, Tourismus und Zukunftsfragen im ländlichen Raum
7 Begleitgremium Smart Country Side
8 Beirat Fördermechanismen/Anträge
9 Beirat für Flüchtlingsfragen
10 Beirat Klimapakt
11 Finanz- und Personalausschuss
12 Gesundheitsholding Lippe GmbH Gesellschafterversammlung
13 Jugendhilfeausschuss
14 Klinikum Lippe Aufsichtsrat
15 Kommunale Gesundheitskonferenz
16 Konferenz Alter und Pflege
17 Kreisausschuss
18 Kreispolizeirat
19 AR Kreissenioreneinrichtungen
20 Lippe Bildung eG
21 LVL-Beirat
22 Partnerschaftskomitee
23 Rechnungsprüfungsausschuss
24 Sparkassenzweckverbands-Versammlung
25 Stiftung Standortsicherung
26 Strukturkommission
27 Unser Dorf hat Zukunft
28 Verwaltungsrat Jobcenter
29 Wahlprüfungsausschuss

 

 

 

 


Anfrage der Kreistagsfraktion DIE LINKE zum Versicherungsschutz im

Ehrenamt (DS-Nr. 097/2017)

 
 
Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage kann die o. g. Anfrage wie folgt be-
antwortet werden:
 
zu Frage 1:
Sowohl Kreistagsmitglieder (KTM) als auch sachkundige Bürger (skB) genießen
im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit Versicherungsschutz. Es macht in-
soweit prinzipiell keinen Unterschied, ob jemand als Kreistagsmitglied oder
sachkundiger Bürger tätig ist. 
 
zu Frage 2:
Die Teilnahme sowohl von KTM als auch von skB als auch von sachkundigen
Einwohnern an Aktivitäten der Gremien des Kreistages ist abgesichert, wenn
die Gremien aufgrund eines Kreistagsbeschlusses oder eines entsprechenden
Fachausschussbeschlusses gebildet wurden.
 
Grundsätzlich gilt Versicherungsschutz für alle Tätigkeiten zur Ausübung des
Mandats, die hiermit in unmittelbarem Zusammenhang stehen oder auf Veran-
lassung des Kreistages oder des Ausschusses erfolgen. 
Tätigkeiten, die somit inhaltlich weder in unmittelbaren Zusammenhang zum
Mandat stehen noch auch Veranlassung des Gremiums erfolgen - hierzu gehö-
ren beispielsweise freiwillige private Teilnahmen an (Rechts-) Fortbildungen,
die grds. der Mandatsausübung förderlich sein können - fallen nicht unter den
Versicherungsschutz. Auch Tätigkeiten auf Veranlassung einer Fraktion, die
kein Gremium im vorgenannten Sinne ist, unterliegen nicht dem Versiche-
rungsschutz. Diese Fälle sind im Schadensfall nur durch eine private Unfallver-
sicherung abgesichert. 
 
zu Frage 2.1:
Grundsätzlich abgeschlossene Versicherungen sind die Gemeindeunfallversi-
cherung (GUV) als Unfallversicherer und der Kommunale Schadenausgleich
(KSA) als Haftpflichtversicherung. 
Inwieweit Versicherungsschutz besteht, hängt vom tatsächlichen Geschehens-
ablauf ab und bedarf in der konkreten Situation stets der Einzelfallprüfung.
 
zu Frage 2.2:
Auskünfte dieser Art sind hier individuell seitens der betroffenen Person durch
die entsprechende Beratung der Versicherungsbranche einzuholen. Insofern
kann die Frage von hier nicht beantwortet werden.
 
 
 
Detmold, den 11.07.2017
 
 
gez. Dr. Axel Lehmann