Haushaltsrede 2017: Auf Kante genäht …

Uschi Jacob-Reisinger, Fraktion DIE LINKE. im Kreistag Lippe
Redebeiträge im KreistagPressemitteilungen

... könnte die Überschrift für den 2017er Haushalt des Kreises Lippe lauten.

 

Um ihre Aufgaben bewältigen zu können, brauchen die Kommunen dringend eine umfassende staatliche Finanzreform.

Existenziell wichtige Aufgaben, wie die Integration von Flüchtlingen dürfen nicht nur als Pflichtaufgabe definiert, sondern müssen auch durch die Zuweisung der entsprechenden Mittel finanziell dauerhaft gedeckt sein, auch um dem Rechtpopulismus und Rechtsextremismus die Grundlage zu entziehen.

Denn nicht zuletzt das Ausspielen der berechtigten Interessen der Geflüchteten gegen die Interessen der Armen und Bedürftigen in unserem Land, sind doch der Nährboden für diese Gruppierungen. Sie machen leider Programme wie „NRWeltoffen“ überhaupt erst erforderlich.

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Eine Neuaufteilung des Steueraufkommens, eine steuerliche Umverteilung von oben nach unten ist also dringend notwendig! Das heißt auch: Reiche und Superreiche müssen deutlich höher besteuert werden. Entsprechende Konzepte liegen seit Jahren vor!

Für diese Konzepte - meine Damen und Herren - sollten wir uns gemeinsam einsetzen. Dann würde auch unser Kreistag einen deutlich größeren finanziellen Spielraum erhalten. Nur so können wir endlich wieder im Sinne der lippischen Bürgerinnen und Bürger selbst bestimmen und selbst gestalten!

DIE LINKE fordert, die notwendigen politischen Auseinandersetzungen zu führen, aber auch juristische Maßnahmen einzuleiten und durchzuführen, um eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen sicherzustellen! Der Kreis Lippe soll sich dafür einsetzen, dass dabei nicht Kommunen, Kreise und Landschaftsverbände gegeneinander ausgespielt werden!

Wir werden daher beantragen, dass die politischen Entscheidungsträger im Kreis gemeinsam mit den betroffenen Kommunen aktiv werden und alle Handlungsmöglichkeiten ausschöpfen.

Denn bisher haben die Aktivitäten unserer Interessenvertretung, des Landkreistages, nicht zu einer angemessenen Verbesserung der kommunalen Haushalte oder des Kreishaushalts geführt.

Und es gibt leider auch keine Hinweise, dass eine solche Verbesserung zu erwarten ist.

Es ist aber nicht konsequent, jedes Jahr wieder festzustellen, dass der Kreishaushalt unterfinanziert ist, wenn nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um dies zu ändern.

Der Kreishaushalt weist einen strukturellen Fehlbetrag in Höhe von rund 3 Millionen Euro auf. Zu diesem Defizit trägt die Wirtschaftsförderung in Höhe von 2,4 Millionen Euro nicht unwesentlich bei. Die Rücksicht auf die angespannte finanzielle Situation gebietet dringend, diese Kosten zu reduzieren.

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Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Wir sind nach wie vor der Auffassung, dass das Betreiben von Marketing-Unternehmen nicht zu den Pflichtaufgaben eines Kreises gehört. Und in diesen zwei Positionen muss der Kreishaushalt - ohne unsere Zustimmung - langfristige Verpflichtungen erfüllen:

Zum einen, der jährliche Zuschuss an die LTM AG in Höhe von 450.000 Euro und der Beitrag zum Standortmarketing bei „Tank und Rast“ in Höhe von 145.200 Euro pro Jahr, also jährlich mehr eine halbe Million an Aufwand.

Der Nutzen dieser Verträge für die Menschen steht für uns in keinem Verhältnis zur finanziellen Belastung des Kreishaushaltes.

Die Fraktion DIE LINKE fordert auch, dass der Kreistag Lippe alle Möglichkeiten ausschöpft, um von seinem Recht Gebrauch zu machen, so wenige Änderungen wie möglich an der bestehenden Regelung der Aufwandsentschädigungen vorzunehmen.

Wir rufen daher alle Fraktionen auf, daran mitzuwirken, die damit verbundenen Kosten klein zu halten. Dies setzt voraus, dass der Kreistag auf den Beschluss über eine pauschale, zusätzliche Aufwandsentschädigung für den Vorsitzenden/die Vorsitzende von Ausschüssen verzichtet.

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Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Wir sagen: Sozial-ökologisches Wirtschaften ist möglich – auch in Lippe!

Soziale Investitionen sind auch Investitionen in die Zukunft unserer Gesellschaft.

Im Sozialbereich darf es eben nicht nur darum gehen, notdürftig Löcher zu stopfen. Genau hier müssen Zukunftsinvestitionen stattfinden, die für alle Menschen, die hier leben, soziale, kulturelle und demokratische Teilhabe garantieren.

Wir brauchen schnelles Internet für alle und - ebenso sehr - schnelle, gut vernetzte und für alle Menschen bezahlbare Verkehrsverbindungen. Wir erwarten, dass der Kreis Lippe sich dafür einsetzt, dass nicht nur für Senioren, sondern auch für Menschen, die hier in Armut leben müssen, vergünstigte Tickets geschaffen werden.

Rentabilität kann und darf kein alleiniges Kriterium für die Verkehrsgesellschaften sein.

Der Kreis Lippe und seine Vertreterinnen und Vertreter in den betreffenden Aufsichtsgremien sollten es als Verpflichtung betrachten, sich im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge für ein Sozialticket in Lippe und landesweit einzusetzen.

Wer Menschen in Arbeit bringen möchte, muss auch für deren Mobilität sorgen!

Auf der anderen Seite sollten wir in allen Aufsichtsgremien, sowohl in den Beteiligungen als auch in unseren Eigenbetrieben, für soziale Gerechtigkeit sorgen, indem die Gehälter von Geschäftsführungen am obersten Ende der Einkommenspyramide nicht ausufern.

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Herr Landrat, meine Damen und Herren,

Überlastungen und Überstunden bei Kreisangestellten stoppen!

Schon im letzten Jahr haben wir die Stellenbewirtschaftung bei den Angestellten des Kreises kritisiert. Dass im Entwurf des Haushalts 2017 nunmehr davon ausgegangen wird, dass durch die Stellenbewirtschaftung ein noch höherer Betrag (1.200.000 €) eingespart werden kann, halten wir für sehr ambitioniert.

Es gibt keine Hinweise darauf, dass im Stellenplan unnötige Stellen enthalten sind. Anders ist es nach unserer Auffassung nicht zu erklären, dass es Überstunden in Höhe von mehr als 3 Millionen Euro gibt. Hier haben die Beschäftigten der Verwaltung dem Kreis einen zinslosen Kredit eingeräumt, der zunächst erst einmal abgegolten werden sollte.

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In Sachen Konzernbetriebsrat lautete unser Appell schon 2016:

„Wahlversprechen einhalten – Prozessmarathon verhindern!“

In diesem Bereich wurden und werden nach wie vor in unnötiger Weise Steuergelder aus dem Fenster geworfen! Wir bleiben dabei, denn es geht hier um Transparenz für die Arbeitnehmer:

Der Konzernbetriebstrat ist rechtmäßig zustande gekommen, wichtig und gesetzlich auch vorgesehen.

Beenden Sie endlich die Verhinderungstaktik Ihres Amtsvorgängers! Verschwenden Sie keine weiteren Steuergelder durch unnötige gerichtliche Auseinandersetzungen und arbeiten Sie mit den Betriebsräten der privatrechtlich organisierten Unternehmen unseres Kreises, auf der Basis des Betriebsverfassungsgesetzes, konstruktiv zusammen!!

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Unsere Stellungnahme zum Kreishaushalt 2016 erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Meinen Beitrag möchte ich mit einem Zitat von Johann Gottfried Seume abschließen:

"Der Staat sollte vorzüglich nur für die Ärmeren sorgen, die Reichen sorgen für sich selbst."

J. G. Seume

In diesem Sinne werden wir unter anderem auf Grund der aufgezeigten Mängel dem Kreishaushalt 2017 nicht zustimmen.