Haushaltsrede Ursula Jacob - Reisinger, Fraktion DIE LINKE im Kreistag Lippe vom 16.12.2019

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Herr Landrat, meine Damen und Herren!

Die im September 2020 bevorstehende Kommunalwahl wirft ganz
offensichtlich ihre Schatten voraus. Von uns wurde darum erwartet, den
Kreishaushalt 2020 innerhalb einer Rekordzeit zu beraten und zu
bearbeiten.

Die Mehrheitsfraktionen überbieten sich seit einigen Wochen mit
Änderungsanträgen zum Haushalt 2020. Diese sind gefühlt, stakkatoartig,
und außerdem so spät bei uns eingetroffen, dass sicher nicht nur wir als
kleine Fraktion Schwierigkeiten hatten, sie sachgerecht und mit der nötigen
Tiefe zu diskutieren und uns eine Meinung zu bilden.

Es gibt eine Finanzierungsvorlage, die uns erst Mitte letzter Woche erreicht
hat und die am heutigen Tag final beschlossen werden soll.

Die Stellungnahme des Personalrats vom 21.11.2019 zu den geplanten
Personalkosteneinsparungen in Höhe von ca. 1,4 Mio. € ist erst auf
Nachfrage Mitte letzter Woche eingegangen. Der Personalrat merkt hier
kritisch an, dass, wie in den vergangenen Jahren auch durch verzögerte
Stellenbesetzung und Überstunden, Geld gespart wird. Er moniert weiter,
dass die Vorgaben des Landesbeamtengesetzes im Zusammenhang mit dem
betrieblichen Gesundheitsmanagement nicht eingehalten werden. Eine
Information die ja durchaus notwendig ist, um sich ein vollständiges Bild zu
machen.
Ein Teil der Anträge konnte noch nicht einmal in der
Haushaltsstrukturkommission und den zuständigen Fachausschüssen
vorberaten werden.

Herr Landrat meine Damen und Herren das ist eine Zumutung! Wir
empfinden das Prozedere als zutiefst undemokratisch!
Wer einen zeitlich so ambitionierten Plan umsetzen will, muss auch
rechtzeitig liefern!

Dieser Haushalt 2020 spiegelt die Politik des Kreises Lippe wieder und
enthält Maßnahmen, die uns, wie in den vergangenen Jahren auch, nicht
gefallen.

Ich greife hier nur die wichtigsten auf:

Dazu gehört der zusätzliche Zuschuss in Höhe von 200.000 € für das Jahr
2020, den der Kreis Lippe dem Flughafen Paderborn zur Verfügung stellt.
Dies, obwohl ein seit mindestens 2017 gefordertes Strategiepapier seitens
des Betreibers bisher nicht geliefert worden ist.
In diesem müssten zumindest auch die Auswirkungen der Klimadiskussion,
sowie die damit einhergehende Kritik an Inlands-und Kurzflügen enthalten
sein. An der fortdauernden Konkurrenz der in der Nähe liegenden
Regionalflughäfen untereinander, ändert das nichts.

Der Regionalflughafen erweist sich zunehmend als ein „Loch ohne Boden“.
Wir sind sehr gespannt, ob Ende Oktober 2020 das erwartete Planungs- und
Strategiepapier da ist.

Herr Landrat, meine Damen und Herren!

Dass das Betreiben und die Finanzierung von Marketing-Unternehmen nicht
zu den Pflichtaufgaben eines Kreises gehören, ist und bleibt unsere feste
Überzeugung. Der jährliche Zuschuss an die LTM AG beträgt bekanntlich
450.000 Euro, fast eine halbe Million an Aufwand. Einen nachweisbaren
Nutzen gibt es nach wie vor nicht. Eine Evaluation ist deshalb auch nicht
möglich.

Herr Landrat, meine Damen und Herren!

Es ist noch nicht zu spät!

Nach wie vor erkennt der Klinikchef den Konzernbetriebsrat nicht an.
Er führt trotz zweier positiver Gerichtsurteile vor dem Arbeitsgericht
Detmold und dem Landesarbeitsgericht Hamm, die beide zugunsten der
Arbeitnehmervertretung entschieden haben, den Rechtsstreit vor dem
Bundesarbeitsgericht weiter. Mitbestimmung, wie sie im Gesetz
vorgeschrieben ist, wird offensichtlich weiter als Bedrohung empfunden und
mit allen Mitteln bekämpft.

Am 25. März 2020 wird dazu nun das Bundesarbeitsgericht eine
Entscheidung treffen. Gut möglich, dass, wenn die Entscheidung nicht im Sinne der Klinikleitung ausgeht, auch noch das Bundesverfassungsgericht
angerufen wird. Ein jetzt schon jahrelang andauernder Rechtsstreit, der sich
dann noch weitere Jahre hinziehen würde wäre die Folge. Das ist doch Wahnsinn!

Hier wird vollkommen unnötig Geld verbrannt, das sich ganz sicher besser
im Bereich des Klinikums einsetzen ließe. Auf der anderen Seite wird
gespart, wo es geht. Die Gesundheitsholding fährt weiterhin den Kurs
Personalkosten zu drücken.

Herr Landrat,  
Übernehmen Sie Verantwortung gegenüber den Beschäftigten des Kreises
Lippe und seiner Beteiligungen und setzen Sie endlich um, was Sie vor Ihrer
Wahl versprochen haben!

Die Ökonomisierung des Krankenhausbetriebes geht weiter auch auf Kosten
der Beschäftigten. Sie sorgt dafür, dass sogenannte VIP-Patienten mit
lohnenden Eingriffen besten Service genießen, während beim einfachen
Kassenpatienten im Falle des Ablebens dem Angehörigen noch nicht einmal
ein Raum zum Abschiednehmen vom Verstorbenen zur Verfügung steht.
Sogar die Presse hat berichtet, dass das im Klinikum Lemgo so passiert ist.

Wohin diese Strategie führt, und wie es auch anders geht, wird anschaulich
an Beispielen im Film „Der marktgerechte Patient“ dargestellt, den ich Ihnen
allen hiermit eindringlich ans Herz legen möchte.

Die Veränderung der Gesellschaftsverträge und damit die Neubesetzung der
Aufsichtsrats-Gremien bei KLG und KSE, zu einem Zeitpunkt, zu dem es laut
Kommunalordnung noch nicht erforderlich war, sprechen ebenfalls eine
deutliche Sprache.

Nur durch unsere hartnäckige Intervention ist hier überhaupt eine längere
Diskussion über mehrere Sitzungen des Kreistages hinweg zustande
gekommen. Gegen unsere Stimmen wurde die Änderung kürzlich dennoch
beschlossen. Der Status und die Einflussmöglichkeiten der
Arbeitnehmervertretungen in den Aufsichtsräten haben sich damit deutlich
verschlechtert, denn wenn Politik sich einig ist, können Mehrheitenzugunsten der Interessen der Arbeitnehmer*innen nicht mehr erreicht
werden.

Wir lehnen eine solche Politik gegen die Interessen der Bevölkerung und der
Beschäftigten ausdrücklich ab!

Aus diesen Gründen können wir auch diesem Kreishaushalt nicht
zustimmen, denn er bildet letztlich die politische Willensbekundung nicht
nur in Euro und Cent ab.

Herr Landrat, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir noch ein paar
Schlussbemerkungen.

Es war 2014 eine bewusste Entscheidung der SPD eine große Koalition im
Kreis einzugehen. Dies war vielleicht die einfachste Lösung, aber für die SPD
auf Kreisebene ebenso wenig nützlich wie im Bund.

Beispielsweise in Sachen Nationalpark Senne war selbst Ihr Vorgänger Herr
Heuwinkel weiter.

In Sachen Herr Deutsch, CDU Rechtsausleger, gab es in der Kreistagssitzung
im November eine bühnenreife Vorstellung der SPD-Fraktion um seine
Benennung zum ehrenamtlichen Richter für das Verwaltungsgericht Minden
zu verhindern.

Stattdessen finden wir den Herrn nun bald im Aufsichtsrat des
Abfallentsorgungsbetriebes wieder. GROKO Zwang sei Dank.
Wenn es nicht so traurig wäre, man könnte schallend lachen.

Ich schließe mit einem abgewandelten Zitat von Yanis Varoufakis:

„Mir ist Friedel Heuwinkel lieber als Axel Lehmann, der hat wenigstens nie
behauptet Sozialdemokrat zu sein.“ 

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