Armut in Stadt und Land bekämpfen - soziale Gerechtigkeit schaffen

Armut ist kein unveränderbares Schicksal. Sie ist Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse, in denen ein kleiner Teil der Gesellschaft sich einen ständig wachsenden Reichtum aneignet. Dadurch wird die Kluft zwischen Arm und Reich immer tiefer. Diese Entwicklung ist jedoch entgegen der herrschenden Propaganda keineswegs selbst verschuldet. Die Ursache liegt in einem kapitalistischen Wirtschaftssystem, das durch massenhafte Arbeitsplatzvernichtung und zunehmende Prekarisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse immer weniger Menschen eine lebenswerte Perspektive bietet.

Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, die wir wollen, ist:

  • menschenwürdig
  • sanktionsfrei
  • nicht-repressiv

Denn unter dem Hartz-IV-Regime fehlt schlichtweg das Geld für sämtliche Lebensbedürfnisse, die für die große Mehrheit der Gesellschaft selbstverständlich sind.

Worauf wir dabei setzen?

  • ein wertschätzender Umgang mit Erwerbslosen
  • eine alternative, begünstigende, an Menschenrechten orientierte Entscheidungspraxis in den Jobcentern

Was wir dafür brauchen ist eine Arbeitsmarktpolitik, die

  • in tarifgebundene öffentliche Beschäftigung investiert,
  • sich am Wohl der Menschen orientiert.

Was das bringt?

  • lebenswerte Bedingungen für alle Menschen

Was muss dafür getan werden?

  • Ein kommunaler Hilfefonds muss eingerichtet werden.
  • Die Berechnung der Wohnkosten durch die Jobcenter und Sozialämter muss sich grundsätzlich an den örtlichen Vergleichsmieten orientieren. Die Kosten der Unterkunft sind in vollem Umfang zu übernehmen.
  • Ein Sozialpass muss eingeführt werden.
  • sozialversicherungspflichtige Beschäftigung statt 1-Euro-Jobs, Kombilohnstellen und prekäre Beschäftigung
  • die Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche reduzieren

Denn Armut darf in unseren Städten keinen Platz haben. In einer reichen Gesellschaft ist Armut eine Schande. Sie ist menschenunwürdig und bedeutet für die betroffenen Menschen den Ausschluss von sozialer und kultureller Teilhabe.

Armut und Hartz IV

Massenerwerbslosigkeit, Hartz IV und die ständige Zunahme unsicherer Beschäftigungsverhältnisse sind im Wesentlichen verantwortlich für die Verarmungsprozesse in den Kommunen. In zahlreichen Stadtteilen des Ruhrgebiets leben inzwischen mehr als 35 % der Menschen von Hartz IV beziehungsweise Sozialhilfe. Besonders betroffen sind alleinerziehende Frauen, Langzeiterwerbslose, Rentner*innen sowie Menschen mit Migrationshintergrund. Zusätzlich wächst mit steigender Kinderzahl in einer Familie auch die materielle Armut. In zahlreichen Stadtteilen des Ruhrgebiets lebt inzwischen die Hälfte aller Kinder in Armut.

Die wachsenden Armutsverhältnisse sind im Wesentlichen von den Hartz-Gesetzen und der Agenda-Politik geprägt, die 2004 von der Bundesregierung aus SPD und Grünen eingeführt wurden. Mit Hartz IV wurde nicht nur eine repressive Arbeitsmarktpolitik durchgesetzt. Die Zusammenlegung der bisherigen Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe führte für Millionen zu einer dramatischen Absenkung ihres Einkommens. Eines der wesentlichen Ziele dieser Politik bestand darin, durch die Deregulierung des Arbeitsmarktes massenhaft unsichere Arbeitsverhältnisse und Billiglöhne durchzusetzen, um damit die Lohnkosten massiv zu senken und damit Gewinne der Unternehmen in einem fast schon obszönen Ausmaß zu steigern. Ein Viertel aller Hartz-IV-beziehenden Menschen besteht aus denjenigen, die aufstockende Leistungen von den Jobcentern erhalten, weil ihr Lohn zum Leben nicht ausreicht.

Ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis reicht heute für viele nicht zum Ausstieg aus der Armut. Bei mehr als der Hälfte, die den Hartz-IV-Bezug verlassen, ist eine Arbeitsaufnahme mit Löhnen unterhalb der Armutsschwelle verbunden.

Deshalb unterstützen wir auf kommunaler Ebene folgende bundespolitische Forderungen:

  • sofortige Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes auf 582 EUR und die Einführung einer bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung von 1.200 EUR, die Armut tatsächlich verhindert und die Bürgerrechte der Betroffenen achtet; dazu gehören die Abschaffung der Sanktionen, der Sonderregelungen für junge Menschen bis zum 25. Lebensjahr, der Bedarfs- und Einsatzgemeinschaften und die Einführung des Individualprinzips auf der Basis der gesetzlichen Unterhaltspflichten
  • die Erhöhung des Mindestlohnes auf 13 EUR/Stunde
  • die Abschaffung der Sanktionen und Leistungskürzungen bei angeblich sozialwidrigem Verhalten im SGB II

Kommunalpolitische Handlungsmöglichkeiten

Das Hartz-IV-System beruht zwar auf einer bundesgesetzlichen Regelung. Auf kommunaler Ebene gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, besonders repressive Maßnahmen deutlich einzuschränken oder eine menschenwürdige Praxis durchzusetzen.

Ein wichtiges Moment ist das Angebot der Sozialberatung auf kommunaler Ebene. Wir zeigen als LINKE, dass wir konkret helfen und nicht bereit sind, uns mit den Zuständen in den Jobcentern und deren fragwürdiger Praxis abzufinden.

Kein anderes Sozialleistungssystem wie das Hartz-IV-Regime steht seit Jahren derart unter ständiger Kritik, nicht mehr nur durch DIE LINKE, Sozialverbände und Gewerkschaften. Entscheidend für die Überwindung der Armut sind jedoch gut bezahlte sichere Arbeitsplätze, die bis heute fehlen. In der Arbeitsmarktpolitik muss dringend ein Kurswechsel eingeleitet werden. Gute, öffentlich geförderte kommunale Beschäftigungsprogramme sind ein Beitrag hierzu.

Deshalb fordern wir auf kommunaler Ebene

  • Perspektivlose und armutsfördernde Ein-Euro-Jobs, Kombilohnstellen und prekäre Beschäftigung in allen ihren Formen sind auf kommunaler Ebene einzustellen. Stattdessen sind ausschließlich tarifgebundene sozialversicherungspflichtige Stellen zu schaffen, die aufstockende Hartz-IV-Leistungen überflüssig machen.
  • Die Übernahme der Wohnkosten (Kosten der Unterkunft) durch die Jobcenter und Sozialämter ist am Mittelwert des jeweiligen kommunalen Mietspiegels beziehungsweise entsprechender örtlicher Vergleichsmieten zu orientieren und grundsätzlich in voller Höhe zu übernehmen; Zwangsumzüge sind unzulässig.
  • Strom- und Gassperren sind menschenunwürdig und ausnahmslos zu untersagen. Die Kommunen sind verpflichtet, einen kommunalen Härtefonds einzurichten, der im Falle der Zahlungsunfähigkeit die rückständigen Kosten übernimmt.
  • Durch Einführung eines Sozialpasses wird Menschen mit Einkommen unterhalb des Pfändungsfreibetrages kostenloser Zugang zu kommunalen Einrichtungen wie Schwimmbädern, Bibliotheken, Theater etc. ermöglicht.
  • Sämtliche öffentliche Bildungsangebote und Leistungen werden allen Kindern unabhängig von ihrem sozialen Status kostenlos zur Verfügung gestellt.
  • Obdach- bzw. Wohnungslosigkeit ist bedingungslos abzuschaffen; bei vorübergehender Wohnungslosigkeit müssen in ausreichendem Umfang menschenwürdige und kostenlose Schlafgelegenheiten eingerichtet werden; Schaffung von zusätzlichen Stellen („Streetworker“), um wohnungslose Menschen zu den Ämtern zu begleiten.