Selbstbestimmung und Teilhabe – für eine inklusive Gesellschaft

Seit zehn Jahren gilt die UN-Behindertenrechtskonvention. In dieser werden die Rechte von Menschen mit Behinderungen festgehalten. Die Kernaussage der Konvention ist: Im Mittelpunkt steht der Mensch. Sie fordert, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Rechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern. Zwei Millionen schwerbehinderte Menschen leben in NRW, das sind zehn Prozent. Das Institut für Menschenrechte geht davon aus, dass rund 25 Prozent insgesamt längerfristige Beeinträchtigungen haben, die sie behindern. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und das gesellschaftliche Bewusstsein sind für diese Menschen so zu verändern, dass ein barrierefreies und inklusives Leben für Menschen mit Behinderungen gewährleistet ist.

Die Teilhabe an der Gesellschaft, die wir wollen, ist:

  • barrierefrei
  • inklusiv
  • gleichberechtigt
  • selbstbestimmt

Worauf wir dabei setzen?

  • die Einhaltung der UN-Behindertenrechtskonvention

Denn Teilhabe an der Gesellschaft und deren gleichberechtigte Gestaltung sind ein Menschenrecht.

Was wir dafür brauchen ist ein Teilhabekonzept, das

  • bauliche, kommunikative, rechtliche, administrative und soziale Barrieren überwindet,
  • gleiche Bedingungen für Menschen mit und ohne Behinderungen schafft.

Was das bringt?

  • ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung
  • eine vielfältige Gesellschaft

Was muss dafür getan werden?

  • Ein Inklusionsplan muss erarbeitet werden.
  • Behindertenbeiräte sind zu gründen.
  • Jede Kommune hat eine*n Gleichstellungsbeauftragt*n.
  • Menschen mit Behinderung werden befähigt, über ein „persönliches Budget“ zu verfügen.
  • Barrierefreiheit in Sprache, Verwaltung, Verkehr, Institutionen, Wahlen analog und digital muss etabliert werden.
  • Sondereinrichtungen werden abgeschafft oder umgewandelt.
  • Die kommunalen Jobcenter müssen einen inklusiven Arbeitsmarkt fördern.

Inklusion ermöglichen, Sondereinrichtungen abschaffen oder umwandeln

Es gibt viele soziale Barrieren, die für Menschen mit und ohne Behinderungen politische Gestaltungsmöglichkeiten und soziale Teilhabe einschränken und verhindern. Nur wenn auch diese Barrieren fallen, ist eine inklusive Gesellschaft möglich. Die LINKE kämpft für das Recht aller Menschen auf volle Teilhabe und ein gutes Leben. Das schließt inklusive Bildung, reguläre Arbeit und selbstbestimmtes Wohnen in der Gemeinde ebenso ein wie Erholung, Kultur, Freizeitaktivitäten, Reisen und Sport.

Alle Sondereinrichtungen, in denen Menschen mit Behinderungen separiert werden, müssen nach und nach abgeschafft oder umgewandelt werden. Dies gilt für Förderschulen, Werkstätten sowie Wohnheime für Menschen mit Behinderungen. Stattdessen muss es in der Regelschule, dem Ersten Arbeitsmarkt oder im Wohnbereich genug Assistenz, Barrierefreiheit und ein barrierefreies Umfeld geben, damit selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen möglich ist. Dazu gehört auch ein neuer Blick auf Lernziele und Arbeit: Es geht um Teilhabe und nicht um höchstmögliche Leistung.

Barrierefreiheit ist eine Voraussetzung für Inklusion. Eine inklusive Gesellschaft schließt alle Menschen ein, ob mit oder ohne Behinderungen. So profitieren von den Aufzügen in den Bahnhöfen zu den Bahnsteigen Menschen mit kleinen Kindern, Menschen mit viel Gepäck, Senioren*innen, Fahrradfahrer*innen und Menschen mit Behinderungen. Mit barrierefreier Sprache z. B. können alle Menschen eher und selbstständiger ihre Rechte kennenlernen und durchsetzen wie z. B. ihre Rente beantragen.

Wir fordern deshalb für unsere Kreise, Städte und Gemeinden in NRW:

  • Erarbeitung und Erstellung eines Inklusionsplanes unter breiter Beteiligung der Selbsthilfegruppen und -organisationen der Menschen mit Behinderungen und ohne Behinderungen gleichermaßen
  • Schulung von Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und offensive Information der Verwaltung zum persönlichen Budget, damit Menschen mit Behinderung selbstbestimmt wohnen, leben, lernen und arbeiten können 
  • Unterstützung von Initiativen und Förderung von öffentlichkeitswirksamen Maßnahmen, um auf allen Ebenen der Gesellschaft einschließlich der Familie, das Verständnis für Menschen mit Behinderung zu erhöhen und die Achtung ihrer Rechte und ihrer Würde zu fördern
  • umfassende Barrierefreiheit bei Wahlen (Wahllokal, Wahlverfahren, Wahlmaterialien, Wahleinrichtungen)
  • Bildung von Behindertenbeiräten in allen Kommunen, deren Mitglieder von den Betroffenen demokratisch gewählt werden
  • Ernennung einer/s Inklusionsbeauftragte(n) in jeder Kommune; diese(r) soll u. a. Ansprechpartner*in für alle Bezugsgruppen sein

 

Bauen, Wohnen und Verkehr:

  • flächendeckende Förderung der aufsuchenden Wohnraumberatung für Senior*innen und Menschen mit Behinderungen, damit sie die Möglichkeit haben, länger und selbstständig zu Hause zu wohnen
  • systematische Überprüfung der öffentlichen Gebäude auf Barrierefreiheit unter Einbeziehung der Selbsthilfeorganisationen von Menschen mit Behinderungen
  • Der Neubau sowie die Sanierung von kommunalen Gebäuden müssen ohne Ausnahme barrierefrei geschehen.
  • Ausstattung der öffentlichen Gebäude und der kulturellen Einrichtungen mit Höranlagen
  • flächendeckender Ausbau von Leitsystemen für blinde und sehbehinderte Menschen im ganzen öffentlichen Raum
  • Ausstattung des ÖPNV sowie der Haltestellen mit Sprachausgabe
  • verbindlicher Ausbau der Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs in Richtung Barrierefreiheit bis 2022
  • Umrüstung der Fahrzeuge des ÖPNV in Richtung Barrierefreiheit
  • Erstellung eines kommunalen Stadtplanes zu barrierefreien Einrichtungen

Bildung, Kultur und Arbeit: 

  • Förderung der Inklusion in Kitas und Schulen durch bessere Sach- und Personalausstattung 
  • Stadtbibliotheken barrierefrei ausbauen und erhalten sowie bedarfsgerecht mit barrierefreien Medien ausstatten, z. B. Bücher in Großschrift, Hörbücher, Bücher in Leichter und Einfacher Sprache, Brailleschrift
  • Barrierefreiheit bei Kulturveranstaltungen und in kulturellen Einrichtungen
  • Schaffung von mehr Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Menschen mit Behinderungen in der Stadtverwaltung
  • Vergabe von städtischen Aufträgen an anerkannte Inklusionsbetriebe
  • Schaffung von Inklusionsabteilungen in kommunalen Unternehmen
  • Vergabe des Caterings von Schulen und öffentlichen Einrichtungen an anerkannte Inklusionsbetriebe
  • Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes durch die kommunalen Jobcenter

Gesundheit und Pflege 

  • „Daheim statt im Heim“ – diese Forderung ist umzusetzen durch eine Förderung des barrierefreien und sozialen Wohnungsneu- und -umbaus bei der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft.
  • Aufstockung des Personals der Heimaufsicht
  • Auflistung von barrierefreien Arztpraxen und medizinischen Einrichtungen; Erstellen einer kommunalen Karte von barrierefreien Gesundheitseinrichtungen (z. B. Arzt- und Physiopraxen, Apotheken, Hebammen, Krankenhäuser)

Beratung, Kommunikation und Information 

  • Es ist eine barrierefreie und transparente Verwaltung zu schaffen – vom Formular über die Webseite bis zum Gebäude
  • Sämtliche von der Kommune zur Verfügung gestellten Dienste müssen barrierefrei sein.
  • Alle Schriftstücke der Verwaltung sind auch in Leichter und Einfacher Sprache herauszugeben, damit alle Bürger*innen ohne Hilfe ihre Leistungen erhalten können.
  • Allen Dokumenten sind auch als Audiodatei herauszugeben.
  • Alle Sitzungen der kommunalen Gremien und die Sitzungsunterlagen müssen barrierefrei sein, einschließlich Gebärdensprachdolmetschen