Der Kommentar: Schwere Zeiten!

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Kräftige Einbußen bei der CDU. Das war zu erwarten. Noch kräftigere Einbußen bei der SPD. Auch das war zu erwarten. Ein Verlust von zwei Punkten bei der Linkspartei hat uns ebenfalls nicht wirklich überrascht. Ist aber ein kleines Desaster. Relativ betrachtet, also in Bezug auf das letzte EU-Wahlergebnis von 2014 ist das der zweitgrößte Verlust von allen Parteien. Dabei sollte es doch noch im Februar des Jahres ein zweistelliges Ergebnis werden. Jedenfalls, wenn es nach Bernd Riexinger gegangen wäre.

Geht es aber nicht. Und? Gibt es Ansätze von Selbstkritik? Fehlanzeige! Bestenfalls der Hinweis, dass man sich mit diesem Ergebnis wohl einige Zeit beschäftigen werde. Ach so! Nichts Besseres kommt von der Linksvorsitzenden Kipping. Sie twittert poetisch: Die GroKo ist jetzt Mikro. Toll! Aber darf’s denn vielleicht nicht doch etwas mehr sein? Ein wenig kritische Selbstanalyse etwa? Jawohl, und das ruhig schon zu einem frühen Zeitpunkt, bitteschön.

Wer hat zuletzt zunehmend neue linke Milieus erschließen wollen – und alte dabei vielleicht doch ein klein wenig vernachlässigt? Wer trägt ein ordentliches Stück Verantwortung für linke Debattenkultur a la Hühnerhof? Die Bundes-Parteivorsitzenden oder die Vorsitzenden der Kreisverbände Gütersloh und Herford?

Natürlich sind die Linksvorsitzenden nicht für alles verantwortlich. Die Verantwortung ist breiter verteilt. Sie liegt ebenso in Brandenburg und Thüringen mit deren Unterstützung neoliberaler (!) Politik. Dass Wählerinnen und Wähler sich da verarscht fühlen und dann doch lieber gleich die richtige Spaßpartei wählen, ist nur logisch. Es würde uns nicht wundern, wenn die 2 Prozent Zuwachs der Sonneborn-Partei allesamt von ehemals LINKs-Wählern stammen. Es gibt tatsächlich Hinweise darauf. Wir sind gespannt, wie es um Verantwortung in der Linkspartei bestellt ist.

Und die Grünen? Sind die Gewinner des Wahlabends und wohl darüber hinaus. So richtig erklären können wir das bei deren Abkehr von Friedenspolitik und Neigung zu neuer Konfrontationspolitik gerade auch auf europäischer Ebene (Ukraine, Rußland) nach wie vor nicht. Tatsache ist aber, dass die Grünen unter den Jungwählern enorme Zuwächse haben. Deutlich mehr als ein Drittel der Erstwähler hat Grün gewählt. Die Linkspartei muss sich hier mit 8 Prozent begnügen, noch hinter der Sonneborn-Partei mit 9 Prozent. Anders formuliert: In dieser Wählergruppe wird die Spaßpartei auch absolut ernster genommen als die LINKE. Wahrlich schwere Zeiten.

Aber wir bewahren uns ein Stück Optimismus und hoffen auf den nächsten Bundesparteitag. Auf einen überlegten, selbstkritischen, neuen Anfang. Wir werden sehen und sind sehr gespannt.

Christiane Escher und Lothar Kowelek