Stadtverband Detmold – Der Kommentar

KV LippeDetmold: Pressemitteilungen

Helfer, Hulk und Heuchler

Bereits mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland haben über verschiedene Petitionen ihre Solidarität mit Carola Rackete erklärt. Als Kapitänin der Sea Watch 3 hatte sie mit ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern an Bord 53 Geflüchtete vor dem Ertrinken im Mittelmeer gerettet. Weil man sie nicht an Land lassen wollte, trieb das Schiff 17 Tage mit den traumatisierten und auch sonst schwer gezeichneten Menschen auf dem Mittelmeer.

Nachdem sich die Situation an Bord drastisch verschlechterte, entschied Carola, trotz Verbot den Hafen von Lampedusa anzusteuern. Beim Anlegemanöver wurde ein Boot der italienischen Zoll- und Steuerpolizei gerammt. Die Reaktionen der italienischen Behörden und mehr noch der Politik waren heftig. Von Verbrechen und Piraterie war die Rede. Besonders Polit-Hulk Matteo Salvini, radikal rechter Innenminister Italiens, konnte diesbezüglich kaum an sich halten.

Carola wurde festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Über Weiteres wird in diesen Tagen entschieden. Ihr drohen Geld- und Haftstrafen. Im noch günstigsten Fall wird man sie lediglich des Landes verweisen. Und all das nur, weil sie und auch der Rest ihrer Mannschaft das Richtige taten. Das Richtige keineswegs nur in einem moralischen Sinne. Auch nach internationalem Recht ist das Verhalten der italienischen Behörden keineswegs zwingend in Ordnung. Zwar umfasst die Pflicht zur Seenotrettung nicht auch eine Aufnahmeverpflichtung eines Küstenstaates, außer, das Rettungsschiff selbst befindet sich in einer Notlage. Eine Notlage der Menschen an Bord ist laut Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention hierbei aber keineswegs irrelevant.

Natürlich ist hier nicht nur die italienische Regierung in die Pflicht zu nehmen. Es ist durchaus die besondere Belastung des Landes im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, die keine Mittelmeeranrainer sind, zu berücksichtigen. Über das Dublin-3-Abkommen können sich andere wie Deutschland zurücklehnen und die Belastungen der Erstaufnahme Ländern wie Italien überlassen. Insofern wirken die Reaktionen deutscher Politiker wie Heiko Maas auch ausgesprochen heuchlerisch. „Menschenleben zu retten, ist eine humanitäre Verpflichtung“, twitterte er unmittelbar nach den Ereignissen. Andere deutsche Politiker wie der Bundespräsident äußerten sich ähnlich. Dass sie gleichzeitig eine Politik der Abschreckung und Abgrenzung befürworten und fördern, stört sie dabei nicht im Geringsten.

Die imperialistische Politik der Staaten der nördlichen Halbkugel destabilisiert ganze Regionen des afrikanischen Kontinents sowie in Nahost. Sie überzieht sie mit Kriegen und wirtschaftet sie in Grund und Boden über Handelsabkommen, die nichts anderes als Knebelverträge sind und die heimische Wirtschaft zerstören. Sie stiehlt den Menschen zunehmend die Lebensgrundlagen. Durch all das erzeugt sie u.a. Fluchtbewegungen, für die sie dann keine Verantwortung übernehmen will. Die Helfer, die sich aufmachen, wenigstens die nötigste Hilfe bereit zu stellen, wie z.B. Carola Rackete, werden dann auch noch von der imperialen Politik kriminalisiert. Damit muss endlich Schluss sein!

 

Christiane Escher

Lothar Kowelek

2.7.2019