„Aufschieben hilft nicht!“ - Rede zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Detmold auf Nulltarif an Sonntagen

Evelin Menne, DIE LINKE. Detmold
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Herr Aufsichtsratsvorsitzender,

meine Damen und Herren,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

Zunächst einmal möchte ich mich bedanken, dass Sie mir durch die Verschiebung unseres Antrags in die heutige Sitzung die Möglichkeit eingeräumt haben, mich in Ruhe vorzubereiten, und meinen Antrag mit einem Redebeitrag einzubringen. Dieser Redebeitrag hat auch einen Titel, der da lautet:

„Aufschieben hilft nicht!“

Wir haben ja vor geraumer Zeit einige Beschlüsse verabschiedet, um neue Mobilitätskonzepte für Detmold zu entwickeln, zukunftsweisende, ökologische und fahrgastfreundliche. Im Masterplan Mobilität steht:

„Vielerorts wird bisher die Umsetzung eines kommunalen Mobilitätsmanagements als Zusatzaufgabe wahrgenommen und aus Kostengründen abgelehnt. Dabei ist es genau umgekehrt. Ein systematisch betriebenes Mobilitätsmanagement führt zu einer effizienten Ressourcen- und Mittelverwendung sowohl für den Nutzer als auch für die kommunalen Haushalte. […] Die Zukunftskommission ÖPNV des Landes stellte berechtigterweise bereits fest, dass weniger effiziente und umweltfreundliche Verkehrsmittel als ÖPNV, Fahrrad- und Fußverkehr zukünftig nicht mit Steuermitteln in ihrer Attraktivität gesteigert werden dürfen. Konkret: Die Förderung des Mobilitätsmanagements benötigt aufgrund seiner Effizienz eine bessere Finanzausstattung. Dem Fußgänger- und Fahrradverkehr, dem ÖPNV und den Sharingsystemen sind Prioritäten in der Verkehrspolitik [besser Mobilitätspolitik] im Hinblick auf Planung, Umsetzung und Finanzierung einzuräumen.“

Seitdem warte ich darauf, dass von den Fraktionen wirklich sinnvolle Anträge dazu gestellt werden, dass eine Debatte eröffnet wird, dass vielleicht sogar mal ein Workshop gemacht wird, um diskutieren zu können, ohne dass das Inhaltliche gleich durch Antragsprozeduren, Tages- und Geschäftsordnungen gefesselt wird. Das ist bisher nicht geschehen.

Einzige Ausnahme bisher war die Sitzung, in der Vertreter der Paderborner Verkehrsbetriebe uns vom abgasfreien Diesel berichten durften. Dieser TOP beruhte auf einem Antrag der CDU, den wir durchaus befürwortet haben. Allerdings lässt dieser Vorstoß außer Acht, dass wir Mobilität insgesamt neu denken müssen. Abgasfreie Diesel jetzt und sofort einzusetzen ist sicher richtig. Andererseits müssen wir aber mit bedenken, dass Ölressourcen endlich sind. Wir müssen also für die Mobilität der Zukunft, im Hinblick auf die Ressourcen ebenso wie auf den Klimaschutz, unbedingt auf neue und ganz andere Antriebstechnologien setzen.

E-Mobilität kann nicht DIE Mobilität der Zukunft sein - jedenfalls nicht im Individualverkehr: Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass wir uns einer Zeit nähern, wo aus allen Fenstern von Mehrfamilienhäusern Kabeltrommeln heraushängen, damit die vor der Tür im Umkreis von 100 Metern parkenden Autos mit Strom versorgt werden.

Wir können nicht umhin, einen besseren ÖPNV zu entwickeln. Wir müssen umdenken und den ÖPNV als DIE Verkehrstechnologie der Zukunft, als DIE Mobilitätsgrundlage überhaupt begreifen. Um den Individualverkehr deutlich zu verringern, muss die Mobilität, die der ÖPNV anbietet, rund um die Uhr garantiert sein. ÖPNV muss flexibel und flächendeckend sein, er muss erschwinglich und an die Bedürfnisse aller Menschen angepasst, und er muss umweltfreundlich bereitgestellt werden.

Dem kommen wir nicht näher, wenn wir hier anfangen, Fahrpläne zu verkürzen. Das Gegenteil haben übrigens auch die Paderborner für notwendig befunden: Um die Attraktivität ihres Angebotes zu steigern, haben sie die Fahrpläne in die Nacht hinein ausgeweitet, und sie waren erfolgreich damit. Ferner müssen wir schauen, dass das Angebot so kostengünstig ist, dass wirklich jeder und jede sich den Bus leisten kann.

Ich kann nicht schließen, ohne den Redebeitrag der Grünenfraktion aus der letzten Sitzung noch zu kommentieren, in dem Sie unseren Vorschlag für einen Nulltarif an Sonntagen als zu teuer kritisiert haben:

Wir sind sehr verwundert, wenn das die aktuelle Grüne Verkehrspolitik in Detmold widerspiegeln soll. Wenn ausgerechnet Sie an dieser Stelle mit der Kostenkeule herumfuchteln, dann erwarten wir zumindest in allernächster Zeit von Ihnen Vorschläge. Zeigen Sie uns auf, wie Sie die Herausforderungen, vor denen wir stehen, kostengünstiger und umweltfreundlicher bewältigen, für alle Beteiligten, vor allem auch für die Fahrgäste. Ich bin nun wahrlich kein Boris Palmer Fan, aber - selbst Herr Janz hatte es erwähnt - in Tübingen funktioniert das mit dem Nulltarif an Sonntagen, die haben sogar Nulltarif an Samstagen inzwischen.

Selbst von den Freien Wählern gab es in der letzten Zeit einen interessanten Vorschlag und zwar ging es da um den Einsatz einer Minibahn. Eine solche Ergänzung unserer Busflotte wäre auch aus unserer Sicht gar nicht unflott. Sogar wenn dieses Projekt nur einmal für ein paar Monate im Sommer probeweise umgesetzt würde, würde das zumindest Erkenntnisse bringen über die tatsächliche Nachfrage, nicht nur durch Touristen. Ferner könnten auch die immer wieder beschworenen Parkprobleme in der Innenstadt dadurch merklich reduziert werden.

Aber nichts geschieht. Es drängt sich der Verdacht auf, dass es, sobald kleine Fraktionen Anträge stellen, der jeweils ablehnenden Mehrheit nicht um Verbesserungen oder gute Ideen, beispielsweise zur Mobilität, geht. Wir erwarten jedenfalls, dass auf den eingangs erwähnten Beschluss hin endlich einmal Ideen folgen, dass endlich einmal gemeinsam und lösungsorientiert diskutiert und beschlossen wird.

Ich gehe davon aus, dass Sie alle gleich unseren Antrag ablehnen werden. Aber ich erwarte darum erst recht von Ihnen, von den politischen Gremien, von der Verwaltung und von der Geschäftsführung, dass Sie nun wirklich zukunftsweisende Projekte vorstellen. Es geht eben nicht nur um Marketingkonzepte, die den verkaufsoffenen Sonntag bewerben. Das ist nicht zielführend für eine Mobilität der Zukunft in Detmold, ebenso wenig wie die immerwährende Forderung nach mehr Parkplätzen!

Sie können den Kopf in den Sand stecken, aber Sie können die notwendige Verkehrswende nicht bis Sankt Nimmerlein verschieben!