Haushaltsrede von Evelin Menne für Die Linke zum kommunalen Haushalt 2025/2026 in Detmold
Ein kommunaler Haushalt sollte ein Spiegelbild unserer politischen Prioritäten und unserer Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern sein. Gerade in Zeiten prekärer finanzieller Voraussetzungen müssen wir besonders sorgfältig abwägen, wie wir unsere begrenzten Mittel einsetzen, um die Lebensqualität aller Menschen in Detmold zu sichern und zu verbessern. Darum hat die Verwaltung seit Monaten regelmäßig in kleiner Runde informiert und umfangreiche nicht öffentliche Gespräche mit der Politik geführt. Es gab immer wieder Updates zu den finanziellen Prognosen und über die geplanten Konsolidierungs- sprich: Kürzungsbeschlüsse.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
Die öffentliche Debatte erstreckt sich demnach fast nur noch auf einen einzigen Termin, dem Haupt- und Finanzausschusstermin vor der Abstimmung im Rat. Außerdem bewirkt die nicht öffentliche Strategiedebatte, ob gewollt oder nicht, dass die berechtigte Empörung der politischen Akteure über die chronische Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte zumeist im Vorfeld abgefangen wird, ohne dass sie auf die Bevölkerung durchschlägt. Denn damit die Menschen auf der Straße sich dazu auf angemessene Weise einmischen, mitdebattieren und politische Konsequenzen daraus ziehen könnten, müssten all diese Diskussionen viel breiter und unbedingt öffentlich geführt werden.
Diese Strategie seitens der Verwaltung versucht also einerseits, zum frühest möglichen Zeitpunkt die verschiedenen politischen Lager einzubeziehen und mitzunehmen, aber andererseits auch die No-Go’s einzelner Entscheidungsträger:innen frühzeitig zu eliminieren.
Mit anderen Worten: Die Verwaltung versucht einen Spagat! – Einen Spagat, der mich bei allem mitfühlenden Verständnis von Jahr zu Jahr mehr an eine derjenigen Comicfiguren erinnert, die über einem Abgrund horizontal im Spagat in der Luft stehen, bevor sie endgültig abstürzen.
Die Finanznot der Kommunen resultiert jedoch unter anderem daraus, dass vorhandene Finanzmittel, vielfach aus dem so wichtigen sozialen Bereich, nicht kostendeckend von Bund und Land an die Kommunen weitergegeben werden. Eine weitere Ursache für klamme kommunale Kassen ist die von oben vorgegebene Unsitte, wichtige kommunale Maßnahmen wie z. B. Freibadsanierungen nur noch dann zu ermöglichen, wenn Kommunen sich im Wettbewerb miteinander um Fördermittel übertreffen müssen.
Das ist dann nicht nur ein Spagat, sondern zugleich ein Exempel für „Survival of the Fittest“ oder auch praktizierter Sozialdarwinismus im Kreis der Kommunen!
Die finanzielle Lage ist also wieder einmal angespannt. Dabei sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen, so vielfältig wie nie zuvor. Verwaltung und Politik müssen steigende Kosten und sinkende Einnahmen berücksichtigen und zugleich besteht die Notwendigkeit, in wichtige Bereiche wie den Schutz vor den Folgen der Klimakatastrophe, in Bildungs- und Sporteinrichtungen, in Soziales, in Wohnungen und Infrastruktur zu investieren. Die Politik darf sich nicht von den Effekten kurzfristiger Einsparungen leiten lassen. Vielmehr muss sie den Blick auf die langfristigen Bedürfnisse unserer Stadt und ihrer Bewohner:innen richten.
Ein zentrales Anliegen aus linker Sicht ist immer die soziale Gerechtigkeit.
In Detmold gibt es viele Menschen, die von Armut betroffen sind oder in prekären Verhältnissen leben. Steigende Lebenshaltungskosten und Inflation treffen vor allem die Schwächsten. Der Detmolder Doppelhaushalt sollte daher Maßnahmen enthalten, die den sozialen Zusammenhalt fördern und die Lebensqualität aller Menschen verbessern.
Tatsächlich und erfreulicherweise spiegeln einige zustimmungswürdige Anträge der Fraktionen diese Sichtweise:
Die Anträge zur Förderung der Detmolder Design Woche und des CSD werden eine Mehrheit finden und nicht zuletzt hoffentlich auch der Antrag der SPD zur Hundesteuer!
Für die Stadtbibliothek, für eine naturnahe Gestaltung von Schulhöfen, die Erneuerung des Flutlichts auf den Sportplätzen und anderes wird Detmold sich in den gar nicht so sportlichen Wettbewerb um Fördermittel stürzen oder kreative andere Lösungen finden müssen, möglicherweise, indem private Stiftungsmittel eingeworben werden, Ende offen … . - Freie politische Entscheidungen sehen anders aus.
Für die Projekte mit und von Schüler:innen und Senior:innen sind aber glücklicherweise noch Gelder vorhanden, heißt es. - Wie lange noch?
Warum allerdings der Antrag auf eine Wiedereinführung der Finanzmittel für "Antifaschistische Informations- und Öffentlichkeitsarbeit“ abschlägig beschieden wird, das erschließt sich mir nicht.- Wir leben schließlich in einer Zeit, in der nicht nur deutschlandweit, nicht nur europaweit, sondern weltweit rechte Populist:innen auf dem Vormarsch sind, und in politischen Führungsämtern oft auch Meinungs- und Medienmonopole erringen! Umso wichtiger ist es, dass demokratische Initiativen Mittel und Möglichkeiten erhalten, mit eigenen Veranstaltungen eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Es wurde zugesichert, dass sich jeweils Mittel und Wege finden würden, um den Initiativen in diesem Bereich Veranstaltungen zu ermöglichen. - Wir werden dies sorgfältig beobachten und behalten uns vor, wenn nötig aktuell Anträge zu stellen, um entsprechende Veranstaltungen zu ermöglichen.
Von Landes- und Bundesseite fordert Die Linke allerdings schon lange eine angemessene Erhöhung der Mittel für demokratiefördernde und soziale Projekte und die Unterstützung von Menschen in Notlagen. Wir halten es für unsere Pflicht, ein starkes soziales Netz zu schaffen, das niemanden zurücklässt.
Vielleicht noch mehr als in den vergangenen Jahren stellt die Politik in diesem Doppelhaushalt zwischen zwei Wahlperioden die Weichen für die Zukunft unserer Stadt, einer Stadt, die sozial gerecht, ökologisch nachhaltig und kulturell vielfältig sein soll. Die Frage bleibt offen, wie in Detmold künftig alle Menschen die gleichen Chancen haben und in Würde leben können. Um die Demokratie zu stützen, muss Politik vor Ort glaubwürdig sein. Wenn die Politik aber, wie es seit Jahren geschieht, mehr und mehr finanziell entmündigt wird, wenn wichtige Entscheidungen häufig in nicht öffentlichen Debatten und Sitzungen getroffen werden, kann sie den Bedürfnissen der Menschen immer weniger gerecht werden. Wie soll so eine solidarische und gerechte Zukunft entstehen? - Bürgerbeiräte, die tatsächlich in öffentlichen Debatten mitreden und mitentscheiden können, könnten eine echte Alternative bieten!
Nun zum Fazit: Bei aller Anerkennung der Bemühungen um ein soziales und ökologisches Abfedern der von oben verordneten Haushaltskürzungen, ist doch die immer prekärere Finanzsituation, die nicht selbst verschuldet ist, Grund genug, diesem Haushalt einmal mehr nicht zuzustimmen.