Stadtverband Detmold – Der Kommentar /Ein Kommen und Gehen

Es hat sich schon einiges getan im Rahmen des letzten Parteitags der Linkspartei. Der Vorstand ist stark verjüngt, besonders der Anteil an jungen Frauen ist bemerkenswert gestiegen. Außerdem gibt’s eine weibliche Doppelspitze. Übrigens nicht die erste in der Bundesrepublik, wie am letzten Wochenende gelegentlich zu hören war, Ende der 90er Jahre hatten die Grünen das schon einmal. Nicht alle Grünen erinnern sich heute gern daran. Aber was heißt das schon, wo diese Partei sich eh kaum noch gern an Früheres erinnert.

Nach fast neun Jahren sind Katja Kipping und Bernd Riexinger gegangen und haben die garnicht so bequemen Partei-Chefsessel geräumt und Janine Wissler sowie Susanne Hennig-Wellsow Platz gemacht.

Wobei die beiden scheidenden Vorsitzenden den Job in einer sehr schwierigen Situation übernommen hatten. Auf dem damaligen Parteitag in 2012 war mächtig Druck auf dem Kessel. Sogar eine Spaltung der Partei wurde von einigen Genossinnen und Genossen damals zeitweise nicht ausgeschlossen. Mit Stärken aber auch einer gewissen Farblosigkeit und wenig Integrationsfähigkeit vermochten Kipping und Riexinger die Partei nur begrenzt zu einen und zu entwickeln. In den letzten Jahren kam es unter ihrer Führung gar zu kaum übersehbaren Einbrüchen in Sachen Zustimmung durch die Wähler. Lag DIE LINKE vor 4-5 Jahren noch bei um die 9 Prozent Zustimmung, ist dieser Wert aktuell auf um die 7 Prozent gesunken. Was selbstverständlich keineswegs nur den scheidenden Vorsitzenden anzurechnen ist.

Welch glückliches Händchen die beiden neuen Vorsitzenden bei ihren bereits erfolgten Appellen nach Einigkeit der Genossinnen und Genossen haben werden, bleibt abzuwarten. Konfliktstoff ist jedenfalls bereits jetzt im Wahljahr reichlich vorhanden. In den Reden der Beiden selbst ist das deutlich geworden. Während Hennig-Wellsow sehr klar äußerte, dass sie die Partei auf Bundesebene in die Regierungsverantwortung führen will, war Wissler hier deutlich zurückhaltend und eher systemkritisch orientiert mit klarem Blick auf das Klientel der Linkspartei.

Es ist Wahljahr. DIE LINKE wird sich eher rasch darüber klar werden müssen, ob und wie sie der Forderung Hennig-Wellsows nachkommen will und welchen Preis bereits im Vorfeld sie dafür zu zahlen bereit ist. Dass dieser Prozess des Klarwerdens gleichzeitig zu Geschlossenheit im Wahlkampf führen wird, kann bezweifelt werden. Ein Grün-Rot-Rotes Bündnis ist und bleibt eine Angelegenheit mit vielen Unbekannten. Und die kleinste Partei in einem solchen Bündnis läuft Gefahr, sich ihre „Regierungsfähigkeit“ teuer erkaufen zu müssen. Bedenklich stimmt uns, dass bereits jetzt erste diesbezügliche Preisangebote ins Spiel gebracht werden, wie z.B. der Einsatz der Bundeswehr im Ausland. Fast möchte man froh sein, dass nicht davon auszugehen ist, dass eine Grün-Rot-Rote Mehrheit zustande kommen kann. Denn die entsprechenden Werte liegen derzeit bei 43 Prozent.

Der neue Vorstand der Linkspartei ist ein ziemlich bunter Haufen geworden, wenn wir das einmal so salopp ausdrücken dürfen. Es ist zunächst einmal einfach zu begrüßen, dass die persönlichen Vorstellungen der später Gewählten unterschiedlichste politische Ziele formulierten. Von Klimaschutz und Kommunalpolitik bis zu Antifaschismus und Feminismus. Und vieles mehr. Wenn wir richtig aufgepasst haben, wobei wir nicht alle Vorstellungsreden verfolgen konnten, kam aber eines recht kurz: der Klassenkampf. Der Kampf der vielen, die nur sich selbst haben, gegen die wenigen, die nahezu alles besitzen.

Und da gilt für uns auch heute immer noch, was gestern galt: Linke Politik ist ein ständiger Kampf gegen Ausbeutung,  Unterdrückung und Diskriminierung. Linke Politik ist insofern mehr als Klassenkampf. Aber linke Politik ohne Klassenkampf ist keine linke Politik. Lasst uns bitte linke Politik machen.

 

Christiane Escher

Lothar Kowelek

1.3.2021