Stadtverband Detmold – Der Kommentar

Verwählt? Eine Nachlese.

Sachsen und Brandenburg haben gewählt. Gewinner und Verlierer stehen fest. Die AfD hat ihr Ergebnis in Sachsen fast verdreifacht, in Brandenburg nahezu verdoppelt. Sie ist die Gewinnerin der Wahl. Das war zu erwarten. Der völkisch-nationalistische Höcke-Flügel der Partei ist deutlich gestärkt und wird vermehrt Einfluss auf die Bundespolitik nehmen können. Und dies auch tun.Verliererin ist die LINKE. Auch das war zu erwarten. Selbst die Heftigkeit der Einbrüche hat uns nicht wirklich überrascht. Über die Ergebnisse der anderen Parteien, die allesamt zu erwarten waren, wollen wir an dieser Stelle kein Wort verlieren. Für die LINKE aber sind diese Landtagswahlen ein Mega-Desaster.

Bereits im Rahmen der Europawahl waren die 5,5 Prozent für die Linkspartei ein deutlicher, ein lauter Schuss. Dass der nicht gehört wurde, erinnert schon fast schmerzlich an sozialdemokratischen Umgang (Weiter so! Nur noch entschlossener.) mit Wahlergebnissen. Die Unfähigkeit der Parteiführung zur kritischen Selbstreflexion bestätigte sich in einer Pressekonferenz vor wenigen Tagen, in derem Rahmen die Versuche von Schönredereien und teilweise gar bemerkenswerter Hilflosigkeit mit Flucht in Allgemeinplätze (Zahlen, taktische Wahl, Wählerwanderungen und Co.) schon fast peinlich wirkte. Wenigstens wissen wir jetzt, was Fremdschämen ist.

Derart heftige Einbrüche für die Linkspartei sind kein Versehen. Die Wählerinnen und Wähler haben sich in dem Sinne nicht verwählt. Wer sich zunehmend mit denen gemein macht, die neben zunehmender Armut die aktuelle Entwicklung des rechten Lagers durch heftigste Sozialeinschnitte und konsequente Umverteilung nach Oben erst mit ermöglicht haben, darf sich nicht wundern, wenn er mit diesem antisozialen Establishment in einen Topf geworfen wird. Ob die LINKE sachlich  betrachtet tatsächlich in diesen Topf gehört, spielt dabei nicht einmal eine wirkliche Rolle. Es geht um den Auftritt der Partei und die Wahrnehmung des Auftritts.

Und der schwankt zunehmend zwischen bieder bis softlinks. Eine Partei, die prekäres Protestpotential aufnehmen will, kann so nur scheitern. Dieses Protestpotential hat längst die AfD angesprochen. Wer zu seinem eigentlichen Klientel zunehmend auf Abstand geht – nicht einmal so sehr in der Sache, aber klar im Auftritt – darf sich nicht wundern, wenn z.B. die gesellschaftlich verlierenden Facharbeiterinnen und Arbeiter zwischen 24 und 60 Jahren oder auch die völlig Abgehängten sich nicht mehr links sondern anderweitig orientieren.

Die politische Orientierung auf neue Milieus ist nicht zu beanstanden. Eine derartige Orientierung bei gleichzeitig zunehmendem Abstand zu den Verlierern kapitalistischer Entwicklungen ist ein übler Fehler. Wer ihn zu verantworten hat, sollte den Hut nehmen. Den Vorsitzenden der Linkspartei, die an anderer Stelle wichtige Funktionen einnehmen könnten, wünschen wir so viel Mumm.

Christiane Escher u. Lothar Kowelek

8.9.2019