Stadtverband Detmold – Der Kommentar

Bodo hat gebaggert! Und Thüringen hat gewählt.

In der Tat! Bodo Ramelow ist der Wahlsieger in Thüringen. Mit einem wirklich bemerkenswerten Ergebnis. Einem Ergebnis, das auch zeigt, wie sehr eine Wahl von den Attributen einer Person abhängen kann und keineswegs nur von Inhalten und Programmen.

Was nicht heißen soll, dass inhaltlich in den letzten Jahren in Thüringen nichts Gutes über die Arbeit der Regierung zu sagen war. Wir denken da z.B. an Akzente in der Flüchtlingspolitik, wie die Verhinderung, Länder wie z.B. Tunesien als „sichere Herkunftsstaaten“ einzustufen. Oder an die Einführung von zwei beitragsfreien Kitajahren.

Welche Rolle beim Wahlausgang unrühmliche neoliberale Akzente, wie die Zustimmung zur Vorbereitung von Autobahnprivatisierungen gehabt haben könnten, ist schwer zu sagen. Offensichtlich wiegen personenbezogen zustimmende Aspekte inhaltlich Abzulehnendes auf. Glück gehabt?

Besondere Bedeutung hat das Abschneiden der AfD, die ihr letztes Ergebnis mehr als verdoppelt hat. Der völkisch-nationalistische Höcke-Flügel geht klar gestärkt aus der Wahl hervor. Sein Einfluss auf Bundesebene wird zunehmen. Auch eine linke Regierung vermag den Trend nach extrem Rechts nicht aufzuhalten. Trotz kleiner Erfolge bei der Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Jobs ist der Teil der sozial abgehängten Bevölkerung auch in Thüringen groß. Bei vielen anderen Menschen im Land geht zudem die Angst vor einem Abstieg um.

Das Wählerpotential der AfD dürfte noch um einiges größer sein, als uns diese Wahl zeigt. Der Kampf gegen Rechts ist deswegen zwar nicht gescheitert, wie manche schon orakeln, darf aber in seiner strategischen alltäglichen Ausrichtung als zu einseitig kritisiert werden. Es reicht halt nicht aus, bei jeder AfD-Veranstaltung Flagge zu zeigen. Wer das letzte Drittel des Monats kaum über die Runden kommen kann, hat andere Sorgen. Beim Umgang mit diesen Sorgen Flagge zu zeigen, sollte mindestens ebenso selbstverständlich sein. Ist es aber nur noch sehr verhalten!

Über das Geschwätz des Wahlabends über den Verlust der politischen Mitte wollen wir kein Wort verlieren. CDU, SPD und Grüne haben bekommen, was sie verdient haben: eine Zurückweisung. Die Verdoppelung des Wahlergebnisses der FDP ist kaum erklärbar und gehört wohl in das Reich des Übersinnlichen.

Eine klassische Regierungsbildung dürfte für Bodo Ramelow wohl nicht möglich sein. Wenn die CDU nicht doch noch den Weg zur AfD findet, wofür die Zeit vielleicht noch nicht ganz reif ist, wäre eine Minderheitsregierung der Linksfraktion ein interessantes Experiment. Besonders auch vor dem Hintergrund der Beliebtheit des Ministerpräsidenten. Die anderen Parteien können dabei eigentlich nur verlieren. Also Genossinnen und Genossen in Thüringen, mutig voran auf neuen Wegen!

 

Christiane Escher

Lothar Kowelek

28.10.2019