Stadtverband Detmold – Der Kommentar Schon unterwegs – der Klimawandel

Der Klimawandel droht nicht, er ist in vollem Gange. Immer noch brennt Australien, gleichzeitig halten ebendort erste tropische Stürme Einzug, mit tödlichen Überschwemmungen. Jakarta versinkt in extremen Niederschlägen und wird wohl die erste Metropole sein, die aufgegeben bzw. verlegt wird. Auch andere Städte wie Venedig sind im letzten Jahr ungewöhnlich heftig im Wasser versunken.  Besonders dramatisch in diesem Zusammenhang ist die rasant zunehmende Erwärmung der Weltmeere.

Auch in Deutschland mehren sich die Zeichen des Klimawandels. Zwei Dürrejahre 2018/2019,  besonders heftig in Teilen Bayerns, Sachsens und Brandenburgs haben für ausgetrocknete Böden gesorgt. Wälder und Landwirtschaft sind in Gefahr. Ein trockenes Jahr, z.B. 1976, hat es auch in der Vergangenheit schon mal gegeben. Zwei Dürrejahre hintereinander sind hingegen (bisher) einmalig.

Die Zeitabstände zwischen einzelnen Natur- und Klimakatastrophen werden kürzer, ein wohl deutliches Signal des längst begonnen Wandels. Somit ebenfalls kürzer werden die Zeiten für Regeneration und Erholung für Natur und Leben. Bald werden sie zumindest regional kaum noch möglich sein.

Trotz zunehmender Intensität werden die Zeichen offenbar noch längst nicht von allen verstanden. Nie wurden in Deutschland so viele SUV zugelassen, wie im vergangenen Jahr. Nicht einmal einfache Sofortmaßnahmen wie Tempolimits auf den Autobahnen sind politisch mehrheitsfähig. Das Klimapaket der Bundesregierung ist hinsichtlich Klimaschutzinvestitionen in Schiene usw. nahezu substanzlos. Gleichzeitig ist es sozial unausgewogen und bevorzugt die Besserverdienenden. Der Klimawandel zeigt uns auch, wer die Macht hat - in diesem Land, wie auch anderswo.

So ignorant und unverständlich viele Konsumentscheidungen zahlreicher Menschen in den reicheren Ländern wie Deutschland sein mögen, allein durch (nachhaltigere) individuelle Konsumentscheidungen kann diese Welt nicht gerettet werden. Mehr noch geht es um strukturelle Fragen von Produktion, Macht und Verteilung. Ein Wirtschaftssystem, das auf grenzenlosem materiellem Wachstum, auf Ausbeutung von Natur und Mensch basiert, kann auch als „Green New Deal“ diesen Planeten nicht retten. Letzterer wäre nur eine Fortsetzung der Ausbeutung mit grünem Anstrich.

Ein Systemwechsel ist allerdings nicht einfach mal eben so gemacht. Radikal und global breit verteilt müssten die Änderungen sein. Umverteilungen von Oben nach Unten, Vergesellschaftungen und demokratische Regulierung sowie Kontrolle von Macht auf allen Ebenen wären Grundvoraussetzungen. Erst dann könnten Mittel in großem Stil umgeleitet werden in klimaförderliche Investitionen z.B. in die Bereiche Mobilität, nachhaltige Produktion und global gerechte Teilhabe.

Dass die Entscheidung zum Systemwechsel derzeit nicht breit und radikal genug ist, scheint offensichtlich. Da kommen die großen Bewegungen wie Fridays For Future immer noch viel zu systemkonform daher. Von einer systemstützenden Politik ernsthaft zu fordern, den eigenen Ast, auf dem sie sitzt, zu beseitigen, ist schwer zu verstehen. Greta Thunbergs energischer Hinweis jüngst in Davos auf die wissenschaftlich belastbaren Zahlen, die den totalen Klima-Crash wegen Unumkehrbarkeit in den nächsten acht Jahren sehen, wirkte insofern auch ein wenig hilflos.

 Wir sind es, ehrlich gesagt, manchmal auch.

Christiane Escher

Lothar Kowelek

23.1.2020