"VHS – Mut zur Zukunft?"

Stadtverband Detmold – Der Kommentar:

Es ist eigentlich eine schöne Tradition. Zur Semestereröffnung lädt die Volkshochschule Detmold-Lemgo ein zu einer Sonderveranstaltung. Die diesbezüglichen Veranstaltungen der letzten Jahre waren mal mehr und auch mal weniger interessant, die dazu eingeladenen Gastreferenten nicht immer Leuchten der Erwachsenenbildung, aber letztlich sollte hier auch nichts Unmögliches erwartet werden.

Der Vortrag zur anstehenden aktuellen Semestereröffnung von Prof. Dr. Gunther Olesch aber ist ein Ärgernis. Der Geschäftsführer und Arbeitgeber-Verbandsvorsitzende will uns – ja, wem eigentlich genau? – Mut zur Zukunft machen.

Denn laut Professor Olesch ist Deutschland erfolgreich, hat eine hervorragende Wirtschaft und Industrie, ein gutes Bildungs- und Gesundheitswesen sowie eine stabile Demokratie. Die Arbeitslosenzahlen sind gering. Da sollen wir doch bitteschön aufgeschlossener sein und nicht immer als  Bedenkenträger auftreten.

Wer die Vorankündigung zur Veranstaltung liest, könnte meinen, zu einem marktradikalen Vortrag der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft eingeladen zu werden.

Wir stellen fest: Nur den Reichen in Deutschland kann es wirklich gut gehen, insbesondere den 1,4 Millionen Millionären. Keineswegs aber zwangsläufig auch den Menschen, deren Reallöhne seit Jahren stagnieren oder gar den unzähligen Menschen, die im Niedriglohnbereich beschäftigt sind. Ganz zu schweigen von Hartz-VI-Beziehern und anderen Abgehängten.

Bei mindestens 3,5 Millionen tatsächlich Arbeitslosen von einer geringen Zahl zu sprechen, ist dumm oder ignorant. In selektiven Bildungsstrukturen, die auch von der OECD bemängelt werden und einer weitgehend privatisierten Gesundheitsversorgung noch viel Gutes zu sehen, weist doch eher auf den Abstand zu uns Menschen hin, den die Eliten, zu denen Prof. Olesch zweifelsfrei gehört, längst haben.

Was an deutscher Wirtschaft und Industrie so hervorragend ist, sind doch wohl eher die ständigen Exportüberschüsse, erzeugt durch den großen Niedriglohnsektor, mit denen Deutschland andere Länder zunehmend in Bedrängnis und teils bereits in große Not bringt. Darüber, wie stabil unsere Demokratie ist und sein wird, darf bei riesigen Nichtwählerzahlen und zunehmender Rechtsentwicklung auch noch diskutiert werden.

Wer da kein Bedenkenträger ist, ist entweder ein Ignorant oder ein Vertreter der Interessen einer kleinen deutschen Elite. Jedenfalls hat so jemand so oder so nichts in einer Veranstaltung zur VHS-Semestereröffnung zu suchen.

Christiane Escher

Lothar Kowelek