Entsetzen und Wut über Beschluss zur Schließung der ver.di-Bildungsstätte

Wolfgang MacGregor, DIE LINKE.

Nach Tagen der Sprachlosigkeit über den Beschluss des Gewerkschaftsrats, das ver.di-Institut für Bildung, Medien und Kunst „Heinrich-Hansen-Haus“ in Lage-Hörste nunmehr endgültig zum 31. Dezember 2015 zu schließen, will ich nun doch – nachdem ich inzwischen mit vielen Kolleginnen und Kollegen über die Situation gesprochen habe – meine Meinung zu diesem „gewerkschaftlichen Vorgehen“ zum Ausdruck bringen.

Als Betriebsratsmitglied einer großen Druckerei in Essen und als Mitglied verschiedener gewerkschaftlicher Gremien habe ich bereits ab Ende der 1960er Jahre gewerkschaftliche und gesellschaftspolitische Seminare in unserer Schule der IG Druck und Papier im „Heinrich-Hansen-Haus“ besucht und dabei nicht nur arbeitsrechtliche Grundlagen sondern vor allem auch bewusstseinserweiternde Schulungen erleben können. Nunmehr - 70 jährig - habe ich viele Jahre lang erst ehrenamtlich und dann beruflich in dieser Bildungsstätte im Teutoburger Wald gearbeitet. Bildung und Kultur in ihrem Zusammenspiel waren dabei immer der Motor für die Arbeit und die Diskussionen mit den interessierten Menschen aus ganz Deutschland.

Mit großer Freude denke ich zurück an die „Hörster Kulturtage“, die viele Male im und um das „Heinrich-Hansen-Haus“ stattfanden. Lebendige Gewerkschaftsarbeit – mal laienhaft, mal professionell – machte sowohl den aktiven Teilnehmern als auch den Zuschauern stets großen Spaß. Unter anderem entstand hier beispielsweise auch die Kabarettgruppe „UMBRUCH“, die sich aus Beschäftigten verschiedener Betriebe zusammensetzte, Gewerkschafts- und Gesellschaftsthemen einmal ganz anders präsentierte und vor allem im Ruhrgebiet recht aktiv wurde.

Neben Seminaren konnte man in dieser Bildungsstätte auch besondere Urlaubsangebote im Sommer oder zu Silvester wahrnehmen. Auch dabei gab es stets reichhaltige Kunst- und Kulturangebote.

Nun also soll dieses Haus mit all seiner Kreativität, das übrigens eigenhändig von Gewerkschaftsmitgliedern aufgebaut wurde und die letzte noch existierende Schule der ehemaligen IG Druck und Papier ist, aus fadenscheinigen Gründen geschlossen werden. 25 Kolleginnen und Kollegen werden dann ihren Arbeitsplatz verlieren. Das bereits eingesammelte Geld, die Wünsche und Bedenken der vielen Kolleginnen und Kollegen, die Aussagen des großen Solidaritätsfestes, die Aktivitäten aus Gewerkschaft und Politik – das alles fiel beim Schließungsbeschluss auf taube Ohren.

Gesellschaftspolitische Bildung, Kultur und die viel beschworene Solidarität werden hier einem kapitalistischen Budget-Denken geopfert. Was ver.di in den großen Betrieben (Beispiel Karstadt) anprangert, wird hier in der gewerkschaftseigenen Bildungsstätte kalt und ohne Skrupel praktiziert. Vielleicht hätten gewisse Bürokraten und Technokraten mal öfter Seminare in Hörste besuchen sollen, um zu lernen, wie gewerkschaftliches Bewusstsein und Solidarität funktionieren!

Was ist nur aus unserer alten IG Druck und Papier sowie aus der IG Medien geworden!? Und in welcher Gewerkschaft bin ich bei ver.di nun eigentlich gelandet!? In meinem letzten Song, den ich während des Solidaritätsfestes anstimmen durfte, heißt es am Schluss: „Dieses Haus ist ver.di – und ver.di, das sind wir!“ Manchmal habe ich da meine Zweifel!