Antrag zur Vorlage 110/2014: Umwandlung der Lippe Tourismus & Marketing AG

Kreistagsfraktion DIE LINKE.

Beschlussvorschlag: Der Gesellschaftsvertrag der LTM AG wird zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt und die Auflösung der LTM AG beantragt. Eine Umwandlung der LTM AG in eine LTM GmbH erfolgt nicht.

Begründung:

Mit der Vorlage 110/2014 soll die LTM AG umgewandelt werden in eine LTM GmbH. Vor dem Hintergrund der geplanten Umwandlung ist die Beteiligung des Kreises Lippe an dieser Gesellschaft kritisch zu prüfen. Rechtfertigt das angestrebte Ziel ein solch starkes finanzielles Engagement der öffentlichen Hand? Mit Blick auf die finanzielle Situation des Kreises Lippe und der Städte und Gemeinden im Kreisgebiet lehnen wir eine Weiterführung der LTM –ganz gleich in welcher Rechtsform - ab.

Der als Anlage vorgelegte Entwurf des Gesellschaftsvertrags ist aus folgenden Gründen kritisch zu sehen:

1.) Gemäß § 3 Abs. 1 ist der Gesellschaftsvertrag bis zum 31.12.2025 - das heißt für einen Zeitraum von 11 Jahren - unkündbar. Nach § 7 Abs. 1 Buchstabe a verpflichtet sich der Kreis, der LTM GmbH jährlich einen Zuschuss von 450.000 € zu gewähren. Mit diesem Vertrag wird der finanzielle Handlungsspielraum des Kreises Lippe über zwei Legislaturperioden wesentlich eingeschränkt.

2.) Die finanzielle Beteiligung der privaten Wirtschaft und der sonstigen privaten Wirtschaft beträgt gemäß § 7 Abs. 1 Buchstabe e des Gesellschaftsvertrages 30.000 € pro Jahr und damit rund 3,6 % der gesamten Zuschüsse. Dieser Wert steht in einem absolut lächerlichen Verhältnis zu den angekündigten „regionalökonomischen Effekten“, die durch die Wirtschaftsförderung eintreten sollen. Wenn sich die Kaufkraft in Lippe, wie in § 2 Abs. 1 im dritten Spiegelstrich angekündigt, durch die LTM GmbH erhöht, kann von der privaten Wirtschaft auch ein angemessener Zuschuss erwartet werden.

3.) Durch die mangelhafte Beteiligung der privaten Wirtschaft trägt die öffentliche Hand den Aufwand der LTM seit Jahren alleine, auf der anderen Seite profitiert allein die private Wirtschaft, wenn zusätzliche Erträge anfallen. Ob die Projekte der LTM einen nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg erzielen, kann nur geschätzt, aber nicht zweifelsfrei nachvollzogen werden. Die Auswirkungen von übermäßigem wirtschaftlichem Aktionismus der öffentlichen Hand können an Projekten wie dem Nürburgring, Cargolifter / Tropical Island oder auch in der zentral gesteuerten Planwirtschaft anschaulich beobachtet werden. Nur bei einer angemessenen finanziellen Beteiligung an den Kosten kann die Öffentlichkeit davon ausgehen, dass die private Wirtschaft entsprechende Gewinne erwartet.

4.) Die öffentliche Kontrolle der LTM muss gewährleistet sein. Die Gesellschafterversammlung repräsentiert nach dem vorliegenden Entwurf in keiner Weise die demokratisch gewählten politischen Gremien des Kreises Lippe. Folgende Punkte sind besonders zu bemängeln:

a. Drei Sitze für die politischen Vertreterinnen und Vertreter aus dem Kreistag Lippe innerhalb eines Beirats von neun Personen sind zu wenig.

b. Es ist im Entwurf nicht ersichtlich, wer die übrigen Mitglieder des Beirats bestimmt und aus welchen entsendenden Gremien diese Mitglieder kommen. Dies müsste klar geregelt werden.

c. Zumindest sollte durch regelmäßige Berichte an den Kreistag sichergestellt werden, dass der Beirat sein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der LTM im Sinne des Kreistags wahrnimmt.

d. Der Kreis Lippe hält 43,20% des Stammkapitals und leistet immerhin 53,89 % der Zuschüsse. Daher sollte zu jeder finanzrelevanten Entscheidung das Votum des Kreistags eingeholt werden.

5.) Eine Änderung des Gesellschaftsvertrags ist gemäß §10 Abs. 3 nur mit ¾ der abgegebenen Stimmen möglich. Die öffentliche Hand gibt der privaten Wirtschaft damit ein Veto-Recht bei zukünftigen Anpassungen von Zuschüssen.

Laut Entwurf § 6 Abs. 1 halten der Kreis Lippe, die Stadt Detmold und der LVL zusammen 72,59432790260178 % der Anteile; die Anteile der anderen Städte betragen zusammengerechnet 1584 € oder 1,405601107443297 %. Diese Anteile ergeben insgesamt lediglich einen Stimmenanteil der öffentlichen Hand in der Gesellschafterversammlung in Höhe von 73,99992901004508 %.

6.) Der Geschäftsführer der LTM wird nach § 14 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrags von den Beschränkungen des § 181 Abs. 3 und dem Wettbewerbsverbot befreit. Eine solche Klausel ist in der privaten Wirtschaft bei Gesellschaftergeschäftsführern sinnvoll. Warum bei einer Gesellschafterstruktur von 74 % Gesellschaftern der öffentlichen Hand auf eine solche Schutzvorschrift verzichtet werden muss, erschließt sich nicht, zumal erst Verträge und Geschäfte mit einem Volumen von mehr als 50.000 € pro Einzelfall der Gesellschafterversammlung vorbehalten sind.

Zitat Wikipedia: „Ein Insichgeschäft ist ein Begriff aus dem Recht Deutschlands. Es liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft entweder im eigenen Namen (Selbstkontraktion) oder im Namen eines von ihm Vertretenen (Doppelvertretung) mit sich selbst als Vertreter eines Dritten abschließt. Gemäß § 181 BGB sind derartige Geschäfte nur zulässig, wenn die beteiligten Vertragspartner dem Vertreter das Selbstkontrahieren gestattet haben oder aber das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.

Beispiel: Der (Gesellschafter-) Geschäftsführer einer GmbH kauft für die GmbH sich selbst ein Grundstück ab. Hier wird ein zweiseitiges Rechtsgeschäft abgeschlossen, obwohl lediglich eine Person, einmal freilich als Organ einer Kapitalgesellschaft, handelt. Kapitalgesellschaften befreien den gesellschaftbeherrschenden Geschäftsführer regelmäßig bereits aus steuerlichen Gründen vom Verbot der Selbstkontraktion.

Es liegt auf der Hand, dass mit derartigen Insichgeschäften eine große Gefahr des Missbrauchs einhergeht. Der in der beschriebenen Weise Handelnde kann beispielsweise das Vermögen des von ihm Vertretenen an sich selbst verschenken oder sonst sich selbst durch das Geschäft begünstigen.“

7.) Die Projekte im Marketing der Region Lippe und der Wirtschaftsförderung können auch an Unternehmen der Privaten Wirtschaft vergeben werden. Dies ist wesentlich flexibler als die Beteiligung an einer Gesellschaft. Kräfte aus der Wirtschaft, Tourismus, Bildung und Kultur können auch auf anderem Wege gebündelt und koordiniert werden. Die geringe Beteiligung der privaten Wirtschaft ist auch ein Votum gegen die Beteilung an einer Gesellschaft und für eine flexiblere Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privater Wirtschaft bei einzelnen Projekten.

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